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Zwei Studien – ein einheitliches Bild


Seit Juni 2025 liegen zwei umfassende Analysen zur Zukunft der deutschen Verteilnetze vor. Im Juni 2025 befragte AXXCON 104 Netzbetreiber und lieferte damit einen aktuellen Schnappschuss direkt aus den Leitstellen der Verteilnetzbetreiber (VNBs) – von der Digitalisierung bis zum Fachkräftemangel. Die dena-Verteilernetzstudie II hingegen konzentriert sich auf die wirtschaftliche Perspektive und ergänzt diese mit modellbasierten Szenarien bis 2045. Trotz unterschiedlicher Ansätze und Methodiken, zeichnen beide Studien dasselbe Bild: Ohne einen entschiedenen Digitalisierungsschub, neue Finanzierungswege und flexiblere Rahmenbedingungen droht die Umgestaltung der Netze zu einem Engpass für die Energiewende zu werden.

Digitalisierung als Dreh- und Angelpunkt

Die Umfrage von AXXCON zeigt die harte Realität: Nur drei Prozent der Verteilnetzbetreiber haben Smart-Grid-Technologien vollständig integriert. Die Mehrheit befindet sich noch in Pilotprojekten oder frühen Einführungsphasen. Die dena-Studie bestätigt den Wert dieser Technologien und zeigt, dass eine konsequente Digitalisierung und netzdienliche Flexibilität bis zu 30 Prozent des Netzausbaus einsparen könnten – vorausgesetzt, der Gesetzgeber erlaubt eine dauerhafte Steuerung. Damit ist klar: Der Weg zu einem „Kupferplattenansatz“, bei dem jeder Lastpeak mit physischen Leitungen gedeckt wird, ist wirtschaftlich überholt.

Milliardenbedarf trifft auf Regulierung

Die finanziellen Aufwendungen für die umfassende Modernisierung, Digitalisierung und Kapazitätserweiterung der Verteilnetze sind so hoch, dass sie die üblichen Investitionsbudgets deutlich übersteigen und die Netzbetreiber vor eine erhebliche wirtschaftliche Herausforderung stellen.

  • Die Teilnehmenden der AXXCON-Studie schätzen den durchschnittlichen Kapitalbedarf für die vollständige Umrüstung ihres Netzes auf 107 Millionen Euro – davon kann nur ein Drittel intern finanziert werden. Gleichzeitig beklagen 87 Prozent unklare und sich häufig ändernde Rahmenbedingungen als größte Hürde für Finanzentscheidungen.
  • Die Dena-Studie spricht von einem „historisch beispiellosen Finanzierungsbedarf“ und fordert innovative Finanzierungsmodelle – wie AssetCo-Strukturen oder Hybridkapital – sowie einen verlässlichen Regulierungskorridor zur Senkung der Kapitalkosten. Ohne diese Anpassungen warnt die BET vor einer langfristigen Verdopplung der Netzentgelte.

Flexible Planung braucht stabile Regeln

Trotz der Finanzierungslücke arbeiten die meisten Netzbetreiber bereits strategisch: 91 Prozent haben zumindest Teile eines fünfjährigen Netzzielplans. Die Dena fordert, dass solche Pläne künftig sektorübergreifend – Strom, Wärme, Wasserstoff – stärker ausgebaut werden und Flexibilitätsinstrumente wie die 14a-Regelung, Batteriespeicher oder variable Netzentgelte von vornherein berücksichtigt werden. Nur so könne der Ausbau priorisiert und an tatsächliche Engpässe angepasst werden.

Netzbetreiber planen in rollierenden Fünfjahreszyklen, doch einige, wichtige regulatorischen Parameter werden immer wieder schon nach ein oder zwei Jahren wieder angepasst. Dieser asynchrone Rhythmus führt dazu, dass jede neue Richtlinie ganze Planungszyklen überholt und Maßnahmen bereits vor ihrer Umsetzung wieder hinfällig macht. Dies unterstreicht umso mehr die Notwendigkeit, verlässliche und berechenbare regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen, die langfristige Investitionsentscheidungen sichern.

Menschen als kritischer Erfolgsfaktor

Neben Kapital und Regulierung bestimmen die verfügbaren Humanressourcen das Tempo und die Qualität der Transformation. In der AXXCON-Umfrage fühlen sich nur 32 Prozent der Unternehmen personell gut für die Transformation gerüstet. Die dena empfiehlt daher, speziell Kooperationsmodelle in Bau- und IT-Projekten aufzubauen, um Fachkräftemangel und Materialengpässe abzufedern.

Fünf gemeinsame Handlungsfelder

Aus beiden Studien lassen sich fünf vorrangige Aufgaben ableiten:


Was bedeutet das für kommunale Versorgungsunternehmen und Verteilernetzbetreiber?

Die erfreuliche Übereinstimmung der beiden Studien liefert eine klare Agenda für Politik und Industrie. Wer heute in Verteilnetze investiert, sollte die Digitalisierung nicht mehr als Projekt, sondern als Voraussetzung betrachten. Gleichzeitig ist es entscheidend, neue Finanzierungswege zu erschließen und die Vernetzung in Bezug auf Personal und Know-how zu stärken. Nur wenn Deutschland jetzt entschlossen handelt, können die Klima- und Netzausbauziele der kommenden Jahrzehnte erreicht werden. AXXCON unterstützt Netzbetreiber von der Finanzierung über Roadmaps bis hin zu Cloud-Architekturen und Change-Management – damit Studien Realität werden und die Energiewende im Verteilnetz ankommt.