
Häufig scheitern Kooperationen, weil kein klarer Arbeitsauftrag vereinbart wurde
Kooperationen gelten für viele kleinere Stadtwerke als Schlüssel, um steigende Investitionen, Fachkräftemangel und digitale Anforderungen zu bewältigen. Doch oft scheitern Zusammenschlüsse an fehlendem Auftrag oder Widerständen der Anteilseigner. Wie Kooperationen gelingen können, erklären die Axxcon-Partner und Energie-Experten Armin Schelian und Dieter Murr im Interview.
Welche Modelle eignen sich besonders für kleinere Stadtwerke – lose Kooperationen, gemeinsame Projektgesellschaften oder gleich Fusionen?
Armin Schelian: Welche Modelle im Einzelfall geeignet sind, hängt vor allem vom Inhalt und der Motivation einer Kooperation ab. Die Möglichkeiten reichen von reinen Kooperationen wie Einkaufskooperationen über gemeinsame Tochtergesellschaften bis hin zur Vollfusion, die das stärkste Commitment erfordert. Voraussetzung ist stets, dass ein wirtschaftlicher Nutzen vorhanden ist und gegebenenfalls lassen sich andere Herausforderungen wie Fach- und Führungskräftemangel oder Nachfolgeregelungen besser bewältigen.
Von den Stadtwerken werden aktuell vor allem gemeinsame Servicegesellschaften für skalierbare und digitalisierbare Aufgaben ins Auge gefasst. Denn hier gilt unter anderem: Viele Aufgaben sind nahezu unabhängig von der Größe der Stadtwerke. Größe kann jedoch hilfreich sein, um eUzient zu wirtschaften.
In welchen Bereichen entstehen die größten Synergien?
Dieter Murr: Die bereits erwähnten skalierbaren und digitalisierbare Aufgaben sind prädestiniert für Kooperationen, da sie selten individualisiert, sondern reguliert und weitgehend austauschbar sind. Ein großer Hebel liegt beim Outsourcing von Managed Services der klassischen Energiewirtschaft und im IT-Betrieb. Kooperationen sind bei Beschaffungsthemen wie Energie- und allgemeiner Einkauf im Fokus. Ein weiterer Hebel liegt in der EUzienzsteigerung. So lassen sich personalintensive Felder gemeinsam meist besser organisieren, zum Beispiel 24/7-Betrieb der Netzleitstände, Kundenabrechnung und Kundenservice.
Viele Stadtwerke fürchten den Verlust von Autonomie. Wie kann man in Kooperationen sicherstellen, dass kommunale Identität und lokale Entscheidungsbefugnisse erhalten bleiben?
Armin Schelian: Solange es um austauschbare Aufgaben geht, ist die Gefahr des Identitätsverlusts eher klein. Das gilt zum Beispiel für Abrechnungsplattformen, bei denen im BackoUce die KosteneUzienz erhöht wird. Im FrontoUce, Kundenservice, bleibt die jeweilige Identität in der Kommunikation mit dem Kunden erhalten.
Bei Fusionsmodellen stellt sich die Frage: Soll die jeweilige Marke in der neuen Gesellschaft erhalten bleiben, oder gegebenenfalls eine neue gemeinsame entstehen. Wichtig ist es bei einer Fusion jedoch vor allem, dass faire Lösungen für Bewertungen und Standorte gefunden werden. Ebenso darf am Ende in der Daseinsvorsorge im Querverbund nicht eine Kommune die Lasten einer anderen tragen. Es gilt, Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Region zu erhalten und die Leistungen für Kunden eUzient und wirtschaftlich zu erbringen.
Angesichts wachsender Investitionen in Netze, Digitalisierung und Energiewende: Wird der Kooperationsdruck so stark steigen, dass Zusammenschlüsse unausweichlich werden?
Dieter Murr: Das klassische Geschäft der Commodity als bisheriger Ergebnisbringer ist unter Druck. Der Wettbewerb wird weiter anziehen und der Preiskampf wird sich verschärfen. Insofern wird sich die Notwendigkeit von EUzienzsteigerungen erhöhen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Es geht aber auch um Investitionen und Innovationen, die sich durch die Bündelung der jeweiligen Stärken der Kooperationspartner besser umsetzen lassen.
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Quelle: ZfK, 05.09.2025